„Das war schon eine extreme Belastung“


Quelle: Höchster Kreisblatt - Jul 24, 2013

Beim Großeinsatz der Feuerwehr am Okrifteler Ortsrand flossen Millionen Liter Wasser - teilweise auch in die Kehlen der Einsatzkräfte

Die Brandschützer spürten die Rettungsaktion gestern noch ganz schön in den Knochen. Die Einsatzleitung hatte erst einmal das Problem mit der Wasserversorgung lösen müssen.

Okriftel. 

Nach seinem schweißtreibenden Einsatz drehte sich bei Feuerwehrmann Christian Vogel erneut alles um die zwei magischen Worte: Wasser marsch! Der junge Mann aus Flörsheim hatte an der Einsatzstelle zwischen Wasserwerkchaussee und Okrifteler Ortsrand alles gegeben. Eine gute Viertelstunde kämpfte er gegen die Flammen und den Qualm an, mit dem Druckschlauch in den Händen, die Atemschutzmaske über den Kopf gezogen, das Sauerstoffgerät auf den Rücken geschnallt. Nach seiner Ablösung sank Vogel auf einem schattigen Plätzchen nieder und genoss große Schlucke aus seiner Mineralwasser-Flasche.

„Möglichst viel Wasser in möglichst kurzer Zeit aufzutreiben“, darum ging es nach den Worten seines Einsatzleiters, dem Hattersheimer Stadtbrandinspektor David Tisold, am Montagnachmittag in erster Linie. Dabei war die Versorgung der fast 90 Feuerwehrleute aus der Stadt und Umgebung das kleinste Problem. Der Globus-Einkaufsmarkt ist auf kurzfristige Großeinkäufe der Brandschützer schon eingestellt, und so konnte schnell kistenweise für Nachschub gesorgt werden, damit die erschöpften Feuerwehrleute wieder rasch zu Kräften kamen. Nur damit sie die Flammen bekämpfen konnten, musste auch erst einmal etwas zum Löschen da sein.

Tanks voll Wasser

Für die erste Versorgung karren die Brandschützer im Main-Taunus-Kreis das Wasser stets selbst an den Einsatzort. So kamen am Montag beispielsweise die Kollegen aus Hofheim mit einem Großtanklöschfahrzeug zur Hilfe, das 5000 Liter vorhält. Das ist deutlich mehr als in den beiden Hattersheimer Tankfahrzeugen schlummert, in denen auf 1600 und 2400 Liter zugegriffen werden kann. Das genügt normalerweise auch schon. Für ein Szenario wie am Montag reiche das Wasser laut Tisold aber nicht. Bei weitem nicht.

Eine Rundballenpresse war wegen eines technischen Defektes in Brand geraten, und das Feuer hatte sich auf einem Stoppelacker, so groß wie ein Fußballfeld, bis zu einem angrenzenden Unterstand für Pferde und landwirtschaftliche Geräte ausgebreitet - ja, es brannte sogar wegen des Funkenfluges an drei weiteren Stellen in einem kleinen Waldgebiet am Rosarium.

Die rasend schnelle Verbreitung des Feuers, in dem der Unterstand und die Geräte verkohlten, verhinderte die Wehr nicht. Binnen weniger Minuten konnte sie gar nicht am Einsatzort sein. Jedoch gelang es schließlich, drei Pferde zu retten und die Flammen einzudämmen. Die Brände waren unter Kontrolle, bevor sie noch mehr als die Sachschäden von mehreren 10 000 Euro anrichten konnten. Dafür war wegen des ungünstig liegenden Einsatzortes eine kleine logistische Meisterleistung vonnöten.

Für ihre Löschangriffe mussten die Helfer mehr als einen Kilometer lange Schlauchverbindungen in die Ortschaft verlegen, um über die Hydranten in der Rossertstraße und Mainstraße Wasser ziehen zu können. Rund 15 000 Liter wurden dann verbraucht. Pro Minute. Macht mehrere Millionen Liter für den gesamten Einsatz. Denn mehr als vier Stunden musste die Wehr ran. Für Hattersheimer Verhältnisse ist das eine neue Dimension.

Neue Anschaffung

Für die Entscheidungsträger des Main-Taunus-Kreis dürfte der Großeinsatz eine Bestätigung für eine beschlossene Investition sein. Nach Tisolds Informationen läuft die Ausschreibung für einen sogenannten Abrollbehälter für die MTK-Wehren, in den 10 000 Liter Löschwasser passen. Die Anschaffung war beschlossen worden, nachdem die Brandschützer beim Brand auf der Kompostierungsanlage Kilb in Kelkheim im März 2012 an ihre Grenzen gestoßen waren.

Drehender Wind

Am Montag mussten sich ungewöhnliche viele Atemschutzträger, 30 an der Zahl, häufiger abwechseln, als das sonst der Fall ist. Auf freiem Feld sei der Wind gedreht, so dass die Einsatzkräfte plötzlich im dichten Rauch standen, erzählt Tisold. Zudem kamen die Feuerwehrleute unter ihrer mehrere Kilo schweren Dienstkleidung gehörig ins Schwitzen. „Das war schon eine extreme Belastung“, sagt Tisold.

Während die herbeigeeilten Rettungssanitäter nicht eingreifen mussten, hatte die Polizei mit anderen Unwägbarkeiten zu kämpfen. Sie sperrte die L 3011 zwischen Hattersheim und Okriftel von 16 bis 20 Uhr ab und bekam es dabei mit uneinsichtigen Auto- und Radfahrern sowie Schaulustigen zu tun. Weil Leute die Absperrungen ignorieren wollten, kam es nach Polizeiangaben zu „unnötigen Wortgefechten und auch beinahe zu Widerstandshandlungen“. rem

 
Schauen Sie sich auch die Einsatz-Details des folgenden Einsatzes an:
Brennt Heupresse und Stoppelacker
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