Hochwasser richtet Riesenschäden an


Quelle: Höchster Kreisblatt - Jan 6, 2003

Hattersheim/Flörsheim. Das Hochwasser hat die Städte am Main fast so schlimm erwischt wie im Januar 1995 beim letzten großen Hochwasser. "Zur Zeit liegen wir mit einem Stand von 5,40 Meter noch etwa 30 Zentimeter unter dem Pegelstand von 1995", berichtete der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Okriftel, Andreas Münch, gestern Nachmittag. Okriftel hat es mit am schlimmsten erwischt. Die Sindlinger Straße zwischen Okriftel und Sindlingen musste gesperrt werden. Die Radfahrerhalle steht komplett im Wasser und ist nur noch per Boot erreichbar, die Wasserlinie befindet sich etwa 20 Zentimeter unter den Fensterbänken. Der Fußballplatz des FC Germania ist komplett im Main verschwunden, der Tennisplatz Okriftel ist überflutet worden. Wie vor acht Jahren wird der rote Sand des Platzes in alle Richtungen weggeschwemmt werden und sich auch auf dem Fußballplatz absetzen.

Und auch in Eddersheim ist der Fußballplatz komplett überflutet worden. Dort waren erst im vergangenen Jahr Drainagen eingebaut worden, die werden nach dem Hochwasser verstopft sein.

"Ich schätze, dass wir bis jetzt einen Gesamtschaden in Höhe von 350 000 bis 500 000 Euro haben", so Bürgermeister Hans Franssen. Mit ähnlich hohen Kosten hatten die Stadt und die Betroffenen bereits nach 1995 zu kämpfen, und auch dieses Mal steht man alleine da. "Das versichert Ihnen niemand", so Franssen.

Versichert gegen derartige Schäden ist aber glücklicherweise die Heizungsanlage des Hattersheimer Freibades, die bereits am Freitag voll lief. "Der Schwarzbach hatte das höchste Hochwasser, das wir jemals erlebt haben", berichtet Franssen. Wie groß der Schaden im Freibad ist, wird aber erst einzuschätzen sein, wenn das Wasser sich verzogen hat. Wann das sein wird, ist schwer zu sagen. Während die Situation in unserem Gebiet sich nach dem regenfreien Sonntag zwar etwas entschärft hat, soll die eigentliche Hochwasserwelle des Mains die Frankfurter Region erst am Dienstag erreichen. Da könnte es also noch mal brenzlig werden. Gemildert werden könnte die Situation durch die Wetterlage: Wenn es friert, wird das Wasser in den Bergen gebunden.

Auf die Mitarbeiter der Freiwilligen Feuerwehren Hattersheim, Okriftel und Eddersheim kommt also nach vier Tagen harter Arbeit womöglich noch einiges zu. "Wir sind seit Donnerstag im Einsatz", berichtet Andreas Münch. Die Feuerwachen Okriftel und Eddersheim sind rund um die Uhr besetzt. "Es kommen ständig Anfragen und Anrufe von Bürgern." Bis gestern waren in Okriftel etwa 30 Keller, in Eddersheim zehn Keller voll Wasser gelaufen, weil das Grundwasser nach oben drückt. "Wir sind aber nach den Erfahrungen von 1995 davon abgekommen, die Keller leerpumpen", so Münch. Das Abpumpen könne nämlich unter Umständen mehr Schäden verursachen als das stehende Wasser im Keller: Pumpt man das Wasser raus, so sickert es zum Ausgleich durch das Mauerwerk wieder rein und schwemmt die Mauern aus. "Kann sein, dass sich dann das Haus setzt", erklärt Münch. Manchen Bürgern sei das nur schwer zu erklären, "die glauben dann, wir wollten ihnen nicht helfen", bedauert Münch, aber das Gegenteil sei der Fall.

Die meisten Okrifteler hätten sich aber schon gut auf die Situation eingerichtet, hat Franssen beobachtet. Viele haben ihre elektrischen Anlagen nach oben verlegt, nachdem sie ständig nasse Keller hatten. Manche pumpen selbst ihre Keller leer, auch wenn sie mit Schäden am Mauerwerk rechnen müssen.

Insgesamt 1800 Sandsäcke haben die Feuerwehren in den Stadtteilen ausgelegt, 800 davon liegen in Eddersheim und bilden einen schützenden Wall vor den Häusern in Ankerstraße und Mönchhofstraße. Die Feuerwehr hat rund um die Uhr den Deich von Eddersheim bis zum Ardelgraben in Flörsheim unter Beobachtung. Sieben Sickerstellen wurden mit Sandsäcken abgedichtet. "Das Problem ist, wir machen eine Sickerstelle zu, und eine Stunde später hat sich das Wasser eine neue Stelle zum Durchsickern gesucht. Der Deich ist ja auch nicht mehr der beste", so David Tisold von der Eddersheimer Feuerwehr. Ein Problem, das auch Flörsheim betrifft.

Dort wurde gestern Nachmittag auch das überschwemmte Konrad-Adenauer-Ufer zum Ausflugsziel. Hunderte von Radlern, Anwohnern und Spaziergängern beobachteten die veränderte Landschaft am Fluss. Bei 5,41 Meter war der Main am Sonntagmorgen um 3 Uhr. Am Freitagnachmittag waren es noch 3,70 Meter gewesen. Die Nachbarn dort nahmen das Hochwasser mit routinierter Gelassenheit. "Die kennen das schon und sind darauf eingesellt. Die pumpen ihre Keller mit eigenen Pumpen aus", sagte Friedhelm Litzinger, Gruppenführer der Flörsheimer Feuerwehr.

Diese hat in der Pfarrer-Münch-Straße, gleich neben der Gaststätte Hirsch, eine neuartige Sperre aufgebaut, um zu verhindern, dass das Wasser in die Altstadt dringt. Auch die Sperre in der Obermainstraße, mit ihren festinstallierten Halterungen, war von Mitarbeitern des Bauhofs errichtet worden. Ein halbes Dutzend Mal ist die Flörsheimer Wehr ausgerückt, um Keller leerzupumpen. Auch in Flörsheim ist rund um die Uhr die neue Feuerwache im Höllweg besetzt, meist mit sechs Feuerwehrleuten. (elle/öp)

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