Es gab sogar mal eine Feuerwehrkapelle


Quelle: Höchster Kreisblatt - Aug 24, 2005

Von Manfred Becht

Eddersheim. Ein Lehrer und zwei Handwerker waren es, die sich im Sommer 1905 spontan bereit erklärten, die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr in Eddersheim zu organisieren. Der Kreisbrandmeister hatte zuvor bei einer Übung der Pflichtfeuerwehr erhebliche Mängel in Ausbildung und Ausrüstung erkannt und wie in anderen Orten auch die Einrichtung einer Freiwilligen Feuerwehr angeregt. Und weil dieser Appell gehört wurde, kann die Eddersheimer Wehr in diesem Jahr ihr hundertjähriges Bestehen feiern.

31 Männer hatten sich im September 1905 im Gasthaus «Zum Schwanen» zur Gründungsversammlung eingefunden. 29 von ihnen bildeten die Einsatzabteilung, zwei ältere Eddersheimer wollten die Wehr als passive Mitglieder unterstützen. Alle Formalien wurden erfüllt: Die Wehr wählte Josef Schmidt zu ihrem ersten Kommandanten, setzte einen Mitgliedsbeitrag von 20 Pfennigen im Monat fest und beschloss auch, die Aufnahme in den Feuerwehrverband des Regierungsbezirkes Wiesbaden zu beantragen.

Der Enthusiasmus ließ aber bald schon nach – bereits nach einem knappen Jahr kamen Beschwerden, die Übungen seien schlecht besucht. Und dann das liebe Geld: Zwar gewährte die Nassauische Brandkasse 1907 einen Zuschuss von 270 Mark, aber auch die Ausrüstung war sehr bescheiden. Also engagierte sich die Wehr im gesellschaftlichen Leben: 1908 gab es im Gasthaus «Zum Löwen» den ersten Feuerwehrball, und auch Veranstaltungen mit Tombola, ein Preisschießen, ein Preiskegeln und eine Christbaumverlosung erwiesen sich als gute Einnahmequellen.

Aber nicht nur die finanzielle Situation, auch die Schlagkraft der Wehr verbesserte sich in diesem Jahr erheblich. Bei den vorgeschriebenen Bezirksübungen konnte man im Fach «Ausbildung» die Bewertung «gut» erreichen, und auch im Einsatz bewährte sich die Wehr. Erstmals ernstlich gefordert wurde sie beim Brand der Bonnemühle in Okriftel im April 1908, im August dann bei Andreas Reuter in der Bahnhofsstraße.

Die weitere Geschichte der Eddersheimer Feuerwehr zeigt, dass auch damals schon bürokratische Reglementierungen den Feuerwehren viel Freude bereiteten. Als für den Herbst 1910 eine Alarmübung angesetzt wurde, musste man bei der Stadt Frankfurt eine Genehmigung zum Füllen der Spritzen an einem Hydranten beantragen. 1914 wurde gesetzlich verfügt, dass Pferdefuhrwerke, die Löschgerät zum Einsatzort bringen, haftpflichtversichert sein müssen.

Als wichtige Stationen der weiteren Entwicklung nennt die Feuerwehrchronik die Gründung einer Feuerwehrkapelle 1921 und die Einrichtung einer Sterbekasse für die Hinterbliebenen verstorbener Feuerwehrleute 1925. Diese besteht übrigens heute noch. Die Freiwillige Feuerwehr Eddersheim insgesamt musste nach dem Krieg allerdings wieder ganz neu aufgebaut werden.

Zu den Widrigkeiten dieser Jahre gehörten wieder die beschränkten finanziellen Möglichkeiten: Als das einzige Fahrzeug nicht mehr einsatzfähig war, erklärten sich zwei Mitglieder bereit, die Geräte mit Traktoren zu Übungen und Wettkämpfen zu fahren. Erst 1956 gab es von der Gemeinde einen Opel-Blitz als Mannschaftswagen.

Zum Fahrzeugpark der Eddersheimer Feuerwehr gehört heute ein Boot – als direkter Anlieger des Mains ist die Wehr für das linke Ufer des Flusses zwischen Okriftel und Flörsheim zuständig. Die Suche nach Personen, Hochwasser, Schiffsunfälle – das sind die Einsatzszenarien des Bootes. Etwas Kurioses: Am 21. November des vergangenen Jahres kam von der Leitstelle die Meldung «Möglicherweise totes Raubtier im Main.» Der Angriffstrupp ging an der von der Polizei abgesicherten Einsatzstelle zur Bergung vor – die angebliche Raubkatze entpuppte sich dann aber schnell als Stofftier.

Die Einsatzstatistik für 2004 zeigt, dass Brände ohnehin nicht mehr den Schwerpunkt der Feuerwehrarbeit bilden – sechs Brände gab es zu bekämpfen, aber 41 Mal waren technische Hilfeleistungen etwa bei Hochwasser oder bei Unfällen gefragt.

33 Feuerwehrleute, darunter vier Frauen stehen derzeit zur Verfügung – nach Auskunft von Wehrführer David Tisold noch eine ausreichende Mannschaftsstärke. Und die 1968 gegründete Jugendfeuerwehr – knapp 30 Mädchen und Jungs sind derzeit mit Engagement dabei – soll garantieren, dass zumindest dieser Stand an freiwilligem Personal auch in der Zukunft gehalten werden kann.

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