Die Folgen einer Hausexplosion


Quelle: Höchster Kreisblatt - Okt 15, 2011

Prozessbeginn vor dem Landgericht: Ein 47-Jähriger wollte sich am 29. Oktober 2009 eigentlich das Leben nehmen

Es war wohl der spektakulärste Unglücksfall der vergangenen Jahre in der Stadt: Jetzt muss sich der Verursacher der Hausexplosion in der Vogelweidestraße vor Gericht verantworten.

Von Matthias Gerhart

Hattersheim.  "Es war wie bei einem Erdbeben, ich wollte nur raus, raus, raus", schilderte Sabrina H. (26) gestern als Zeugin vor dem Landgericht jenes Unglück, das die Hattersheimer am 29. Oktober 2009 im buchstäblichen Sinne erschütterte. In der Vogelweidestraße explodierte ein Reihenhaus. Der Inhaber einer der Wohnungen war mit seinem Leben überfordert und wollte sich umbringen. Er manipulierte mit einer Rohrzange an seiner Gastherme und am Zähler solange herum, bis Gas austrat. Dann legte er sich schlafen. Als er aufwachte – immer noch am Leben – zündete er sich eine Zigarette an...

Seit gestern wird die Gasexplosion, bei der der Verursacher erheblich verletzt worden war, vor einer Großen Strafkammer des Frankfurter Landgerichts juristisch aufgearbeitet. Nachdem der 47-Jährige über Monate in der Klinik wieder soweit hergestellt werden konnte, dass er verhandlungsfähig ist, wird ihm nun von der Staatsanwaltschaft die fahrlässige Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion zur Last gelegt.

Eine Haftstrafe droht

Weil bei dem Unglück jedoch auch Mitbewohner des Hauses und Nachbarn leichtere Blessuren erhalten hatten, komme zudem auch noch fahrlässige Körperverletzung in Betracht, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Großmann. Dem Angeklagten drohen im für ihn ungünstigsten Fall mehrere Jahre Haft.

Der Mann schilderte zunächst einmal, wie es zu der persönlichen Lebenskrise überhaupt kommen konnte. In den Jahren 2008 und 2009 meinte es das Schicksal nicht gut mit dem eigentlich recht lebensfrohen Mann. Zunächst verließ ihn seine langjährige Freundin. Dann starben kurz hintereinander sein betagter Hund sowie seine Schwester an einer Krebserkrankung. Nun sah der Mann im Leben keinen Sinn mehr. Er ging nicht mehr zu seiner Firma, die ihn deshalb nach einigen Wochen fristlos entließ. Und weil deshalb kein Geld mehr an die Wohnungsgesellschaft floss, wurde auch die Wohnung gekündigt.

So war also die Situation, als er am Vormittag des 29. Oktober aus dem Werkzeugkasten die Rohrzange nahm und sich an den Gasleitungen zu schaffen machte. Um kurz vor vier am Nachmittag gingen bei der Polizei gleich mehrere Anrufe ein, dass in der Vogelweidestraße ein Haus in die Luft gegangen sei. Die Rettungskräfte sahen sich dabei mit einem größeren Menschenauflauf konfrontiert, der immer wieder zurückgedrängt werden musste, um die Rettungsarbeiten nicht zu gefährden. Das stark einsturzgefährdete Haus wurde abgesperrt und musste später völlig abgerissen werden.

Nicht nur die Wohnung des Angeklagten brannte durch die Explosion völlig aus. Auch das Zuhause der anderen Hausbewohner, die sofort evakuiert und anderweitig untergebracht werden mussten, wurde spätestens durch die stundenlangen Löscharbeiten der Feuerwehr zerstört. Sabrina H. hatte Glück im Unglück. Weil sie hausratsversichert war, wurde der Schaden von 20 000 bis 25 000 Euro übernommen. "Aber wenn ich heute nur entfernt einen Knall höre, würde ich am liebsten davonlaufen", sagte die Frau im Zeugenstand.

Ein zuverlässiger Arbeiter

Im Verlauf des vorerst auf zwei Verhandlungstage anberaumten Prozesses wird es auch um die Frage gehen, wie es der Angeklagte mit Drogen und dem Alkohol hielt. Vor einigen Jahren sei er einmal für acht bis neun Wochen im Odenwald auf Entzug gewesen, hieß es vor Gericht. Auch Drogen habe er verschiedentlich zu sich genommen.

"In der Firma arbeitete er aber sehr gewissenhaft und zuverlässig", sagte sein Chef und Schwager als Zeuge. Nur plötzlich sei er nicht mehr erschienen.

Der Prozess soll in der übernächsten Woche fortgesetzt werden.

 
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Gebäudeeinsturz nach Explosion
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